Das European Train Control System

Europaweit sicher Zug fahren – dank ETCS

In jedem Land Europas sorgen heimische Sicherheitssysteme für eine sichere Fahrt auf der Schiene. Der Haken: Will ein Zug über die Grenze fahren, wird es kompliziert. Denn für Signale, Vorschriften & Co. gibt es keine Einheitlichkeit im europäischen Zugverkehr. Das Europäische Zugsicherungssystem schafft Abhilfe und sorgt auch im grenzüberschreitenden Schienenverkehr für hohe Sicherheit.

Wenn ein Zug über die Grenze fahren soll, musste bisher ein großer Aufwand betrieben werden. Entweder wurde an der Grenze die Lok samt Fahrer gewechselt oder es kam ein Triebwagen zum Einsatz, der mehrere länderspezifische Sicherheitssysteme unterstützte. Im letzten Fall muss der Triebwagenführer für diese auch geschult sein. Das Europaen Train Control System, kurz ETCS, macht ein solches Vorgehen überflüssig.

Denn das Europäische Zugsicherheitssystem kommt zum Beispiel ohne die herkömmlichen Signale an der Strecke aus. Zumindest in seinen höchsten Ausbaustufen. Der Triebwagenführer liest dann alle Informationen zu Strecke, Zug und Sicherheitsvorgaben einfach auf einem Display in seinem Führerstand ab. Gleichzeitig wird das Kontrollzentrum per Mobilfunk unter anderem über Aufenthaltsort, Fahrtrichtung und Geschwindigkeit informiert. Im Notfall greift das System auch in die Steuerung des Zuges ein, zum Beispiel wenn die Höchstgeschwindigkeit überschritten wird.

Voraussetzung für die sichere Verbindung zwischen Zug und Kontrollzentrum ist der Digitale Eisenbahn-Mobilfunk-Standard. Der sogenannte Global System for Mobile Communication Rail (GSMR) ist das weltweite Kommunikationssystem für den Bahnverkehr. Perspektivisch soll GSMR die bis zu 20 verschiedenen Funksysteme in Europa ablösen.

So funktioniert ETCS

In der Streckenzentrale sind alle Informationen zur Strecke digital gespeichert, wie zum Beispiel der Streckenverlauf, Haltepunkte oder Geschwindigkeitsvorgaben. Per GSMR werden diese kontinuierlich an den Zug übermittelt, wo der Triebwagenführer sie auf seinem Display ablesen kann.

Damit der Zug weiß, wo er sich gerade befindet, sind sogenannte Eurobalisen auf der Strecke verbaut. Diese technischen Einrichtungen liegen im regelmäßigen Abstand im Gleisbett und sind leicht an ihrer meist gelben Farbe zu erkennen. Jedes Mal, wenn der Zug über eine Balise fährt, übermittelt diese ein Signal an eine weitere Balise, die im Unterboden des Zugs angebracht ist. Neben dem Aufenthaltsort lassen sich aus den Standortinformationen auch die Fahrtrichtung und die Geschwindigkeit ableiten. All diese Informationen werden wiederum per GSMR an die Streckenzentrale weitergeleitet.

Der Vorteil des ETCS

Durch diesen ununterbrochenen Informationskreislauf des ETCS im Level 3 sind Züge nicht mehr auf die nationalen Sicherheitssysteme angewiesen. Und ein grenzüberschreitender Schienenverkehr mit hohen Sicherheitsstandards wird möglich. Das gilt sowohl für den Personenverkehr als auch für den Güterverkehr.

Eine vollständige europaweite Umstellung auf ETCS in seiner höchsten Ausbaustufe braucht jedoch noch eine Weile. Daher werden derzeit hauptsächlich noch zwei Übergangslösungen verwendet. Im ETCS Level 1 fahren die Züge noch nach den Streckensignal. Das Sicherheitssystem überwacht die Fahrten jedoch im Hintergrund. Im Level 2 fährt der Triebwagenführer nach den Streckeninformationen im Display und kommt ohne Signale auf der Strecke aus. Die aktuelle Streckenbelegung wird jedoch noch über nationale Systeme ermittelt.

Mit dieser Strategie kann das European Train Control System schrittweise ausgebaut werden und der europäische Zugverkehr weiter zusammenwachsen – ganz ohne dass die Fahrgäste auf die hohen Sicherheitsstandards verzichten müssen.

 

Foto von alvaro

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Blick in den Führerstand: So wird ein Zug gesteuert

Täglich sind in Deutschland über 40.000 Züge im Personennah-, Fern-und Güterverkehr auf dem Schienennetz unterwegs. Diese Fahrzeuge werden von verschiedenen Punkten aus gesteuert. Der Triebfahrzeug- oder Lokführer, der sich im Führerstand des Zuges befindet, wird aus der zuständigen Leitstelle unterstützt. Bundesweit gibt es rund 2.800 Stellwerke, mit denen Signale und Weichen koordiniert und Streckenabschnitte kontrolliert werden. Welche verschiedenen Stellwerksformen es gibt, lesen Sie auf der Seite der Deutschen Bahn. Neben der Leitstelle kontrollieren auch automatische Sicherheitseinrichtungen die Fahrt des Zuges vom Beginn bis zum Ende. Doch wie wird der Zug aus dem Führerstand gesteuert?

Der Weg aus dem Bahnhof

Das Wichtigste bei der Ausfahrt aus einem Bahnhof ist, sicherzustellen, dass alle Fahrgäste aus oder in den Zug gelangt und die Türen geschlossen sind. Dafür existieren automatische Verriegelungssysteme, die dem Triebfahrzeugführer auf seinem Monitor anzeigen, wann die Verriegelung vollendet ist. Die Türen schließen entweder automatisch über Sensoren im Eingangsbereich, oder können zentral über einen Knopf aus dem Führerstand geschlossen werden. Diesen betätigt der Triebfahrzeugführer, wenn ihm der Zugführer das entsprechende Signal gegeben hat. Wenn aus der Leitstelle die Bestätigung kommt, dass der Zug losfahren kann, beginnt die Fahrt.

Auf der Fahrt

Die Geschwindigkeit des Zuges wird über den Fahr-Brems-Hebel gesteuert. Wird dieser nach vorn bewegt, nimmt der Zug Fahrt auf. Bremsen kann der Fahrzeugführer, indem er den Hebel zurückzieht. Der Geschwindigkeitsmesser zeigt an, wie schnell sich der Zug bewegt. Die automatischen Sicherheitseinrichtungen sorgen dafür, dass der Zug nicht schneller unterwegs ist als auf der Strecke erlaubt. Sie greifen auch ein, wenn ein Signal überfahren wird. Die Sicherheitsfahrschaltung, kurz Sifa genannt, muss vom Fahrzeugführer alle 30 Sekunden betätigt werden. So wird sichergestellt, dass der Zug noch aktiv gesteuert wird. Fällt die Sifa einmal aus, ertönt zunächst ein akustisches Signal. Anschließend leiten automatische Sicherheitssysteme eine Zwangsbremsung ein.

Ist der Zug mit höheren Geschwindigkeiten unterwegs, kann der Triebfahrzeugführer die vor ihm liegende Strecke auf einem Monitor einsehen. So weiß er, wann er die Geschwindigkeit reduzieren muss und wann es Zeit ist, wieder Gas zu geben. Daneben befindet sich ein Fahrplan im Führerstand, auf dem genau festgehalten wird, wann der Zug in welchem Bahnhof halten und wieder losfahren muss. Über ein Telefon oder ein Funkgerät kann der Triebfahrzeugführer Kontakt zur Leitstelle aufnehmen, falls eine außerfahrplanmäßige Situation eintritt. Es existiert außerdem eine direkte Sprechverbindung zu den Abteilen im Zug, über die die Fahrgäste im Notfall Kontakt zum Führerstand aufnehmen können. Über ein Mikrofon kann der Triebfahrzeugführer Durchsagen für die Fahrgäste machen und beispielsweise über den nächsten planmäßigen Halt informieren.

Je nach Bauart des Zuges unterscheiden sich die Führerstände in ihrer Ausstattung voneinander. Bei einigen muss der Triebfahrzeugführer noch mit zahlreichen Hebeln und Knöpfen arbeiten, bei anderen werden viele Abläufe automatisch oder über einen Bildschirm gesteuert. Mittlerweile fahren einige Züge in Deutschland bereits autonom. Welche Rolle der Triebfahrzeugführer hierbei noch spielt, lesen Sie auf unserem Blog zum Thema Autonomes Bahnfahren.

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