Selbstverteidigung im Zug – Was ist erlaubt?

Und plötzlich steht man ihm gegenüber: dem Angreifer. Falls Sie nicht Kampfkunst-erprobt sind, stellt sich schnell die Frage nach der Verteidigung. Was ist erlaubt, was nicht? Unser Blogbeitrag hakt nach.

Angriff ist nicht immer die beste Verteidigung. Das wohl sicherste Mittel bei einem Angriff ist die Flucht. Versuchen Sie aus der Situation zu entkommen, halten Sie den Angreifenden unbedingt auf Abstand – damit Sie keine körperlichen Schäden erleiden.

Im Zug ist eine Flucht oft nicht uneingeschränkt möglich. Daher wünschen sich einige Fahrgäste ein Hilfsmittel, um sich verteidigen zu können. Von Pfefferspray über Hilfsmittel wie ein Kubotan bis hin zu Schreckschusswaffen: Die Liste an Verteidigungsmöglichkeiten ist lang. Doch auch wenn die Schreckschusspistole vorerst ein Gefühl der Sicherheit vermittelt – ist sie auch legal? Achten Sie bei der Wahl Ihrer Selbstverteidigungswaffe unbedingt auf Zertifikate, Mitführbeschränkungen oder Nutzungsvoraussetzungen, denn die Grenze der Legalität ist schnell überschritten.

Selbstverteidigung im Zug – Die rechtlichen Bestimmungen

Bevor wir uns der Palette an möglichen Selbstverteidigungswaffen widmen, schauen wir uns die Situation genauer an. Wann darf ich denn selbst aktiv werden und mich aktiv zur Wehr setzen? Natürlich darf kein Fahrgast grundlos einen anderen angreifen. Eine Verteidigung setzt also erst im Falle eines Angriffs ein.

Mögliche Situationen, bei denen Sie sich tätlich verteidigen dürfen:

  • Notwehr: Als Abwehr eines körperlichen Angriffs, wenn Sie einen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden versuchen.
  • Bedrohung oder Nötigung: Bei Androhung von Gewalt. Die Rechtslage ist hier jedoch schwierig: Sie sollten sich zunächst intensiv um eine verbale Lösung bemühen.
  • Sexuelle Belästigung: Eine Notwehr ist allerdings nur zulässig, wenn die Notwehrsituation anhält: der Täter also nicht nach einmaligem „Grapschen“ verschwindet.

Diese Selbstverteidigungswaffen sind in Deutschland verboten

Sie können sich jedoch nicht einfach eine Waffe Ihrer Wahl aussuchen und diese mit sich führen. Eine Vielzahl an Waffen ist in Deutschland verboten. Das schließt neben dem Mitführen auch den Erwerb sowie den Besitz dieser Waffen ein.

Diese Waffen sind in Deutschland verboten:

  • Messer: Butterflymesser, Springmesser, Fallmesser
  • Schlagringe
  • Totschläger und Stahlruten (Biegsame Schlagstöcke mit erschwertem Endstück)
  • Nunchaku (japanisches Würgeholz)
  • Präzisionsschleudern und Wurfsterne

Diese Selbstverteidigungswaffen sind erlaubt

Doch welche Selbstverteidigungshelfer sind nun in Deutschland erlaubt und wie effektiv sind diese? In der folgenden Liste finden Sie die am häufigsten benutzen Selbstverteidigungsmittel.

Pfefferspray & Reizgas

Eigentlich als Tierabwehrspray bezeichnet, können die Sprays in besonderen Notfallsituationen zur Notwehr eingesetzt werden. Setzen Sie Pfeffersprays ausschließlich in einer echten Gefahrensituation ein, sonst laufen Sie Gefahr, sich selbst der Körperverletzung strafbar zu machen. Pfefferspray enthält Oleoresin Capsicum (OC), das aus dem Fruchtfleisch besonders scharfer Chillischoten gewonnen wird. CS-Gas ist allgemein bekannt als Tränengas, es hat jedoch eine schwächere Wirkung als das Pfefferspray.

Wirkung: Aufgrund der starken Reizung der Haut, Schleimhaut und der Atemwege tritt eine kurzzeitige Orientierungslosigkeit ein.

Risikofaktoren: Windverhältnisse, Sprühdistanz, Reaktionsgeschwindigkeit der Täter, Anzahl der Täter, Selbstkontamination

Schrillalarm

Klein und handlich ist der Schrillalarm in Form von Schlüsselanhängern, Autoschlüsseln oder kleinen Spraydosen, sodass Sie ihn stets parat haben können. Sie erhalten verschiedene Varianten mit einer Lautstärke zwischen 100 bis zu 130 dB.

Wirkung: unerträgliche Lautstärke, Überraschungsmoment als Fluchtmöglichkeit, öffentliche Aufmerksamkeit

Risikofaktoren: kurzer Überraschungsmoment, Belastung des eigenen Ohrs

Schreckschusswaffen & Reizgaspistolen

Schreckschusswaffen imitieren optisch echte Pistolen und sollen so den Angreifer in die Flucht schlagen. Reicht die bloße Bedrohung nicht aus, kann die Waffe abgefeuert werden: Es wird entweder eine Reizgasmunition oder eine Schreckschussmunition mit einem lauten Knall entladen. Schreckschusspistolen erhalten Sie ab 18 Jahren und dürfen diese mit einem kleinen Waffenschein mit sich führen. Beachten Sie aber unbedingt, dass Sie die Schreckschusswaffe auch bedienen können müssen.

Wirkung: Einschüchtern des Angreifers

Risikofaktoren: Bei ungeschickter Handhabung könnte der Angreifer Sie entwaffnen und die Waffe gegen Sie einsetzen. Dies wäre vor allem bei einer Reizgaspistole unangenehm.

Tactical Pen & Kubotan

Der Tactical Pen ist ein Kugelschreiber mit einem robusten Aluminium-Gehäuse und einer speziellen Form. Kubotan ist hingegen ein kurzer Stock mit dem Sie Ihre Schlag- und Druckkraft verstärken.

Wirkung: Gezielte Schläge werden verstärkt.

Risikofaktoren: Sie benötigen sowohl beim Tactical Pen als auch beim Kubotan Erfahrung im Nahkampf und Bedienungs-Know-How. Ansonsten ist die Entwaffnungsgefahr mit diesen Selbstverteidigungsmitteln besonders hoch.

Help Me

Die Marktneuheit bietet einen sechsfachen Effekt und wurde speziell dafür entwickelt, auch mehrere Angreifer erfolgreich abzuwehren. Enthaltene Effekte: Schrillalarm, gelartige Substanz mit der die Täter-DNA erfasst wird, Ausstoß chemischer Wirkstoff der eine unauffällige Flucht der Angreifer verhindert, Markierung mittels UV Farben.

Hochleistungstaschenlampen

Die Hochleistungstaschenlampen sorgen mit einer Lichtstärke von bis zu 200 Lumen für eine kurzzeitige Desorientierung der Angreifer, sodass Sie fliehen können.

Notfall-Apps

Ein weiteres defensives Verteidigungsmittel ist die Notfall-App. Aktivieren Sie die Smartphone-App, wird ein großer HILFE-Button angezeigt. Wird dieser gedrückt, ruft ein Servicemitarbeiter an: Falls Sie den Anruf nicht entgegen nehmen, wird sofort die Polizei per Notruf verständigt und Ihre Positionsdaten übermittelt. Für die Nutzung dieser Apps fallen Jahresgebühren an.

Alltagsgegenstände

Nicht zu verachten sind die unscheinbaren Gegenstände, die Sie bei sich tragen. So können Regenschirme, Schlüssel oder Absatzschuhe zum nützlichen Beschützer werden – wenn Sie mit diesen einen gezielten Treffer landen.

Im Falle eines Notfalls sollten Sie also zunächst versuchen:

  • Den Angreifer verbal zu beruhigen
  • Aus der Situation zu kommen und einen Fluchtversuch starten
  • Die Aufmerksamkeit der anderen Bahngäste erregen
  • Falls alles nichts hilft, sich körperlich verteidigen

Mussten Sie sich im Zug oder am Bahnsteig bereits einmal verteidigen? Welche Hilfsmittel haben Sie genutzt und wie haben Sie die Situation in Erinnerung? Lassen Sie uns und unsere Leser an Ihren Erlebnissen teilhaben und hinterlassen Sie einen Kommentar zu Ihren Erfahrungen.

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